Luxus und Armut

Das heutige Wissen über Luxus und Armut zur römischen Provinzialzeit steht in einem eher ungleichen Verhältnis zueinander: Zwar ist davon auszugehen, dass der Großteil der Bevölkerung unter ärmlichen Bedingungen lebte, jedoch sind von der Sozialschicht der breiten Masse nur wenige Funde bekannt und erhalten. Im Gegensatz dazu hinterließ die wohlhabende, städtische Oberschicht reichhaltiges Fundmaterial, wodurch deren Leben relativ detailgetreu rekonstruiert werden kann.

Die luxuriöse Lebensführung der römischen Oberschicht lässt sich an unterschiedlichen Statussymbolen wie Architektur (Villen, Fußbodenheizung, Bäderkultur), Tischkultur und Tafelgenüssen, Bestattungs- und Gräberkultur, öffentliche Spiele (Amphitheater, Wagenrennen, Gladiatorenkämpfe) und unter anderem speziellen Luxusgütern, die durch ein gut funktionierendes Fernhandelsnetz erworben werden konnten, ablesen.

Handel
Spricht man im Zusammenhang mit der Römerzeit von Luxusgütern, so sind primär Importwaren aus fernen Regionen gemeint, die durch Fernhändler in die römischen Grenzprovinzen gelangten. Dem Handelswesen kam die weitgehend einheitliche und gut funktionierende Infrastruktur des römischen Reiches mit ausgebauten Verkehrswegen, der lateinischen Sprache, einer einheitlichen Währung, etc. begünstigend entgegen.

Städte und Märkte
In den Städten und Kastelldörfern traf man auf die Händler, Kaufleute und Gewerbetreibenden, deren Geschäfte an Markttagen besonders gut gingen. Im Fernhandel gab es große Handelshäuser, die ihre Kontore nur in den Städten eingerichtet waren. Sie waren zugleich Produzenten und auf bestimmte Produkte spezialisiert, wie z. B. Handel mit Wein, Öl, Geschirr, Stoffen usw. Für den Transport ihrer Waren bedienten sie sich wieder Transportunternehmer, die ihrerseits große Firmen darstellten. Das größte Handelsvolumen besaß sicher der Lebensmittelhandel, der sich aber nicht überwiegend aus dem Fernhandel zusammensetzte, sondern ein regionaler war, da die Legionäre und auch die Stadtbevölkerung primär durch die Überschussproduktion der Gutshöfe (villae rusticae) in den Provinzen versorgt wurden. Die Lebensmittelhändler hießen negiotiatores frumentarii. Nur bei den Luxusartikeln wie Olivenöl, Austern, Gewürzen und natürlich Wein kamen die Fernhändler ins Spiel.

Zölle
Das römische Imperium war in mehrere Zollbezirke eingeteilt, im westlichsten Teil von Noricum befand sich in Boiodurum (Passau-Innstadt) eine Zollstation für den Binnenzoll. Hier stießen zwei große Zollbezirke zusammen, der Zollbezirk quadragesina Galliarum (= 100/40 = 2 1/2), zu dem die Provinz Raetien zählte, und der illyrische Zollbezirk, zu dem Noricum und Pannonien gehörten. Führte man also Waren aus Gallien oder Raetien nach Noricum ein, musste man einen Binnenzoll errichten, der bis 2,5 Prozent des Warenwertes betrug.

Handelshäuser
In Noricum wurde der Handel durch die großen Handelshäuser aus Oberitalien kontrolliert, die hier ihre Handelsniederlassungen gründeten. Die italienischen Händler der spätrepublikanischen-frühaugusteischen Zeit waren vor allem an den Bodenschätzen, wie z. B. dem norischen Eisen, dem Gold und dem Bergkristall interessiert. Das Eisen wurde schon in Noricum selbst am Magalensberg zu Waffen und Werkzeugen verarbeitet, ebenso Buntmetall wie z. B. Fiebeln. Bei Bronzegefäßen zeigte sich ein anderes Bild, diese produzierte man vielfach in Mittelitalien und Campanien und importierte sie über die großen Handelshäuser nach Noricum. Viele der Erzeugnisse aus Bronze wie Fiebeln, Lederbeschläge, Löffel und Nadeln wurden auch in den Donaugegenden erzeugt, entweder von Handwerkern in den Städten und vici oder auch in kleinen Werkstätten in den villae rusticae. Probegüsse aus Blei, Fehlgüsse und Gussbecher belegen dies auch im römischen Oberösterreich.

In der Spätantike kam es in Ufernoricum nicht mehr zu so ausgeprägten weitreichenden Handelsbeziehungen wie im südlichen Teil der Provinz, wohin afrikanische Sigillata noch in größeren Mengen verhandelt wurde.

Luxus im Alltag
Natürlich gab es Unterschiede zu dem, was wir Luxus nennen, in den mediterranen Provinzen und in den nördlichen Provinzen wie Noricum und Pannonien. Auch in den mediterranen Ländern konnte nur ein gewisser sehr kleiner Prozentsatz der Bewohner sich extremen Luxus leisten. Das einfache römische Volk konnte jedoch Reichtum und Luxusgüter in Hülle und Fülle im Zentrum des Imperiums, in der Stadt Rom, anlässlich der prachtvollen Triumphzüge verschiedener siegreicher Kaiser sehen.

Was aber bedeutete in unseren Breiten Luxus und was erreichte auch die nördlichen Provinzen? Bronzegeschirr sowie Lampen zählten zu den Luxusgütern, feines Tafelgeschirr, Silbergeschirr und Gegenstände aus Silber. Glas durfte an den vornehmen Tafeln ebenfalls nicht fehlen. Die Terra sigillata vollzog eine Entwicklung vom anfänglichen Luxusgeschirr zur gehobenen Massenware.

Als Luxusgüter werden heute ebenso Statuetten und Statuen aus Marmor, ferner Textilien aus Seide, Baumwolle oder mit Purpur oder Indigo kostbar gefärbte Stoffe betrachtet. Der Textilhandel zur Römerzeit bestand nicht nur im Transport von Rohmaterial in Form von Stoffballen, sondern war auch ein Handel mit Kleidern.

Schmucksteine wie Onyx, Sadronyx, Achate kamen von weit entfernten Ländern wie Indien, ebenso Elfenbein, oder Bernstein von der Ostsee. Bei uns verarbeitete man sie zu Gemmen oder anderen Schmuckstücken.

Zahlreiche Gewürze aus fernen Ländern wie Pfeffer, Zimt, Kreuzkümmel u.a., erreichten ebenfalls die nördlichen Provinzen, ebenso Weihrauch und Myhrre, oder kostbares Salböl. Olivenöl, Wein, Austern und Purpurschnecken, Reis, Fischsoße (garum) sind nur einige der weit gehandelten Nahrungsmittel, die zu den Luxusartikeln der damaligen Zeit zählten.

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Luxusware Glas
Glas hatte schon eine sehr lange Tradition, bevor die Römer die Kunst des Glasblasens entdeckten und es möglich wurde, viele und variantenreiche dünnwandige Gefäßformen zu erzeugen. Tektit, ein natürlich vorkommendes Glas, vielleicht kosmischen Ursprungs, verwendete man bereits in der mittleren Steinzeit für Pfeilspitzen, Amulette und Talismane. Ebenfalls ein natürlich vorkommendes Glas stellen Obsidiane dar. Glasuren auf Keramik und Stein, vermutlich beim Brennvorgang von Tontöpfen entstanden, gaben den ersten Anstoß zur Entdeckung der Herstellung von Glas. Auf Grund von Erfahrungswerten lernten die Menschen der Antike aus Asche, Kies und Soda Glas zu erzeugen. Diesen Werkstoff künstlich herzustellen, war schon in Mesopotamien, wie ein aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. datierter Keilschrifttext mit Glasrezepturen belegt, üblich.

Die gefärbten vorrömischen Gläser wurden als Konkurrenz zu den Edelsteinen hergestellt, von der es sich erst durch die Erfindung der Glasmacherpfeife im 1. Jahrhundert v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum und der damit verbundenen Möglichkeit, dünnwandige variantenreiche Formen herstellen zu können, löste, und dabei auch im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. die intensive Buntheit ablegte. Die Glasmacherpfeife war ein Instrument ähnlich einem langen Rohr aus Eisen oder Ton, mit dem man aus einem Glashafen einen kleinen Teil flüssigen Glases aufnehmen und diesem durch Blasen die gewünschte Form geben konnte – ähnlich den auch im Mittelalter üblichen Glasmacherpfeifen.

Armut
Der Großteil der Bevölkerung des römischen Reiches lebte – hierüber ist sich die Forschung weitgehend einig – unter bedrückenden und ärmlichen Verhältnissen. Jedoch weiß man über die Lebensverhältnisse unteren Sozialschichten nur wenig, da mangels Besitztum auch kaum materielle Zeugnisse ihres alltäglichen Daseins erhalten geblieben sind. Funde von kümmerlichen Bauten aus dem 3. Jahrhundert aber zeugen von der großen Armut der Bevölkerung.

Auch aus der Lebensbeschreibung Hl. Severin von Noricum erfahren wir einiges über das Leben der einheimischen Bevölkerung in der Provinz Noricum zur Zeit des Niederganges der römischen Herrschaft. In den von Severin organisierten Hilfs- und Spendenaktionen kommt die Armut der Bevölkerung, die unter den Angriffen germanischer Stämme und der fehlenden Verwaltungsstruktur litt, deutlich zum Ausdruck.

Autorin: Christine Schwanzar, überarbeitet 2006

 

Der Artikel basiert im Wesentlichen auf: Schwanzar, Christine: Römischer Fernhandel; in: Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich. Katalog zu einem Ausstellungsprojekt der Oberösterreichischen Landesmuseen [...]. Hrsg.: Jutta Leskovar u.a. (Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums N. F. 195). - Weitra 2003, S. 329-334