Reformation in Oberösterreich

Die Reformation in Oberösterreich

Einleitung


Oberösterreich als evangelisches Land
Die Theologie Martin Luthers (1483–1546) breitete sich ab den 1520er Jahren in weiten Teilen Europas aus: in der Schweiz, in Frankreich, den Niederlanden, England, in Dänemark, Norwegen und Schweden, in Polen, Estland und Litauen, aber auch in Ungarn und in Siebenbürgen. Selbst in Italien fand im Adel die Lehre der Reformation kurze Zeit Anhänger. In Deutschland blieben nur Köln und Aachen rein katholisch.

Besonders viele Anhänger fand die Lehre Luthers auch im Land ob der Enns. Trotz der Reichsacht, die 1521 am Reichstag zu Worms über Luther verhängt wurde, und trotz des Verbots seiner Schriften hingen bereits in den 1520er Jahren gerade die Adeligen des Landes seiner Lehre an und holten evangelische Prediger ins Land. In der Folge verbreiteten sich die Ideen Luthers sehr schnell und Oberösterreich wurde bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts zu einem fast ausschließlich evangelischen Land. Doch gegen Ende des 16. Jahrhunderts bemühten sich die katholischen Herrscher, ihr Recht durchzusetzen und den Glauben ihrer Untertanen zu bestimmen. Ein erster Versuch, den Protestantismus auszurotten scheiterte um 1600. Doch ab 1620 brachten die politischen und militärischen Verhältnisse den Sieg der Gegenreformation. Das Land ob der Enns wurde wieder zu einem katholischen Land.

Luthers Theologie
Die Ideen Luthers stießen bei den Menschen offensichtlich auf offene Ohren. Die zentrale Frage im Denken Luthers war die Frage: Wie werde ich Gott recht? Menschen verstehen unter Gerechtigkeit, dass die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden. Wenn Gott in diesem Sinne gerecht ist, sind alle Menschen verloren, denn alle sind Sünder. Daran können auch gute Werke, Wallfahrten oder etwa der von der Kirche verkündete Ablass der Sündenstrafen nichts ändern. Deshalb muss die Gerechtigkeit Gottes anders sein als die Gerechtigkeit, wie Menschen sie verstehen.
Nach langem Suchen fand Luther die Antwort auf seine Frage beim Apostel Paulus: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“ (Römer 1,17). Gottes Gerechtigkeit ist seine Barmherzigkeit. Gott spricht den Menschen gerecht allein aus Gnade. Dafür ist Jesus Christus für uns am Kreuz gestorben. Der Christ glaubt dieser Botschaft, er vertraut dem gnädigen Gott und erfährt seine Rechtfertigung allein aus dem Glauben. Quelle und Offenbarung Gottes ist ausschließlich die Heilige Schrift.

Daraus ergeben sich jene Anliegen Luthers, die zur Reformation geführt haben:

  • Weil der Christ allein aus Glauben vor Gott Gerechtigkeit erlangt, sind Bußleistungen und Ablasszahlungen, aber auch die Fürsprache der Heiligen oder die Vollmacht von Priester und Papst zur Erlangung des Heils wirkungslos.
  • Jeder Christ hat die priesterliche Aufgabe, andere durch Hinweis auf das Evangelium zu trösten („Priestertum aller Gläubigen“).
  • Gegenüber den Mitmenschen ist der Christ frei, verantworten muss er sich vor Gott.
  • Weil die Heilige Schrift die alleinige Quelle der Offenbarung Gottes ist, soll jeder Christ die Bibel lesen und darin Christus erkennen. Für die Gestaltung des kirchlichen Lebens sind allein biblische Weisungen maßgebend (z. B. nur die beiden in der Bibel genannten und von Christus eingesetzten Sakramente: Taufe und das Heilige Abendmahl in beiderlei Gestalten).


Autor: Günter Merz, 2010