Seelsorge und Gebet

Seelsorge und Gebet in den mittelalterlichen Klöstern Oberösterreichs


Inkorporierte Pfarren
Die Seelsorge für das Volk oblag vor allem dem weltlichen Klerus. Im Verlauf des Mittelalters war es den meisten Stiften der (damaligen) Diözese Passau gelungen, so genannte Inkorporationsverbände, d. h. ein Netz einverleibter Pfarren, aufzubauen. Besonders groß waren die zu den Stiften St. Florian und Kremsmünster gehörenden Inkorporationsverbände. Hierbei handelte es sich nicht immer um ein geschlossenes Territorium, vielmehr konnten die zugehörigen Pfarren mitunter sehr weit vom Kloster entfernt liegen, wie beispielsweise die Pfarre Oberkirchen im Waldviertel, die zwischen 1248 und 1675 zum Kloster Lambach gehörte. Die Seelsorge in den inkorporierten Pfarren, aber auch in den Pfarren der Klosterorte wurde von weltlichen Priestern erledigt. Erst im Spätmittelalter waren zusehends häufiger Mönche und Chorherren in der Pfarrseelsorge tätig.

Die Klostervorsteher selbst hatten quasi bischöfliche Macht, was die Verleihung dieser Pfarren und die dazugehörigen Pfründe betraf. Dies führte in späterer Folge dazu, dass ihnen die Päpste auch das Recht verliehen, die bischöflichen Insignien (Ring, Stab und Mitra) zu tragen, gleichsam als äußeres Zeichen ihrer Macht. Die Äbte von Kremsmünster erhielten dieses Recht bereits 1391, Mondsee erhielt es 1400, Wilhering 1458 und Schlägl 1489.

Bettelorden
Die alten Orden wahrten aufgrund der diesbezüglichen Bestimmungen in den Regeltexten stets eine gewisse Distanz zum einfachen Volk, was sich beispielsweise im Nebeneinander prächtiger Stiftskirchen und kleiner, einfacher Pfarrkirchen wie im Falle von Kremsmünster, St. Florian oder Lambach zeigt.

Die Bettelorden, allen voran die Minoriten, nutzten im Gegensatz dazu alle sich bietenden Gelegenheiten, um mit dem Volk in Kontakt zu treten und wurden so bald zu den beliebtesten und begehrtesten Volksseelsorgern. Sie predigten fast ausschließlich in der Volkssprache und wussten um die Ängste und Nöte der einfachen Menschen Bescheid. Ein besonderes Anliegen war den Minoriten auch die Sakramentenspendung (v. a. Beichte und Kommunion).

Um möglichst viele Menschen erreichen zu können, siedelten sich die Minoriten in den Städten an. Die früheste Gründung in Österreich war das Kloster Wien (um 1230). Im Laufe des 13. Jahrhunderts ließen sie sich auch in den Städten des Landes ob der Enns nieder, so in Linz noch vor 1240, in Enns um 1276 und kurz nach 1280 in Wels, wobei dazu keine verlässlichen Daten vorliegen. Die Bettelmönche waren auf Spenden der Bevölkerung angewiesen, die sowohl den täglichen Bedarf abdecken mussten – wie etwa die Gaben in Form von Lebensmitteln – als auch langfristige und zukunftsorientierte Großzuwendungen wie die Stiftung eines Klostergebäudes ermöglichten.

Während sich das einfache Stadtvolk um die Labung der Mönche – oft als Dank für Predigt und Spendung der Sakramente – kümmerte, sorgte der Adel für den Klosterbau. In Linz ließ Eberhard von Wallsee ab 1280 ein Kloster und eine Kirche für die Minoriten errichten, die zuvor an die 50 Jahre in von Gönnern finanzierten Mietquartieren untergebracht waren. Das Welser Minoritenkloster ist eine Stiftung der Polheimer aus der Zeit zwischen 1281 und 1283. Sowohl Wallseer als auch Polheimer erhofften sich für diese Taten Seelenheil für sich, ihre Familien und ihr Geschlecht – Vor- und Nachfahren eingeschlossen.

Regularklerikale Sondergruppen wie Inklusen - wie etwa Wilbirg von St. Florian - und Eremiten sowie die Mitglieder von Ritterorden spielten in der mittelalterlichen Geschichte Oberösterreichs dagegen nur ein untergeordnete Rolle.

Klösterlicher Tagesablauf
Der Tagesablauf der Mönche und Nonnen wurde durch die jeweiligen Ordensregeln bestimmt. Der Großteil von Oberösterreichs Klerikern im Mittelalter war von der Regel des heiligen Benedikt von Nursia geprägt, die nicht nur für die Benediktiner und Benediktinerinnen, sondern auch für die Zisterzienser und Zisterzienserinnen Geltung hatte und nach wie vor auch hat. Augustiner Chorherren und Prämonstratenser lebten nach der Regel des Augustinus, die jedoch in den Leitgedanken der Benediktusregel relativ ähnlich ist. Die  Angehörigen der Bettelorden wiederum richteten ihr Leben nach der Regel des hl. Franziskus aus.
Acht tägliche Andachten - die so genannten Horen - gliederten den Tagesablauf der Mönche und Nonnen, die nach der Benediktusregel lebten. Bereits um 2.00 Uhr früh wurde zur Vigil, dem ersten Gebet geweckt. Die Zeit bis zur vormittäglichen Arbeit, die sowohl körperlicher als auch geistiger Natur sein konnte, war von zwei weiteren Horen sowie Versammlungen und natürlich auch einem Frühstück geprägt. Genau zwischen Sonnenaufgang und dem Mittagstand der Sonne wurden die Mönche und Nonnen erneut zum Gebet gerufen. Danach erfolgte eine erneute Arbeitsphase bis zum Mittagsgebet, dem Mittagessen und einer Mittagsruhe. Die nachmittägliche Arbeitszeit war wieder von einer Gebetseinheit unterbrochen. Die Vesper (Abendgottesdienst), ein Abendessen, eine erneute, jedoch kürzere Arbeitsphase und schließlich die Komplet mit anschließender Nachtruhe bildeten die letzten Punkte des klerikalen Tagesablaufes.

Die Regeltexte der Ordensgründer, die Auskunft über den klösterlichen Tagesablauf geben, stellten jedoch stets nur ein Ideal dar, das in den einzelnen Klöstern unterschiedlich weit von der Realität entfernt sein konnte. Nicht immer ist hier aber Lasterhaftigkeit zu unterstellen, manchmal waren die Regelbestimmungen in der Praxis beim besten Willen nicht immer durchzuführen. Hart arbeitende Zisterzienser, die vielleicht gerade intensiv mit der Urbarmachung unwirtlicher Gegenden nördlich der Donau beschäftigt waren, werden wohl die Horen eher kurz gehalten haben oder dann und wann auch einmal eine ausfallen haben lassen. Wie aus den Quellen hervorgeht, gab es in Oberösterreich aber durchaus auch Missstände hinsichtlich der klösterlichen Lebensführung sowie Regelwidrigkeiten, die sehr wohl durch allzu weltliche Bestrebungen hervorgerufen wurden.

Autor: Christoph Stöttinger, 2009