Klösterliche Kultur

Klösterliche Kultur in Oberösterreich


Seit dem späten 8. Jahrhundert leisten die oberösterreichischen Klöster (zu Begin vor allem Mondsee und Kremsmünster) Pionierarbeit hinsichtlich des Landesausbaus und stellten gleichzeitig Zentren der Missionierung, der Gelehrsamkeit und der Kultur dar.

Skriptorien
Einen nicht hoch genug einschätzbaren Beitrag für die geistige und kulturelle Entwicklung Oberösterreichs während des gesamten Mittelalters und auch darüber hinaus leisteten die klösterlichen Skriptorien und Bibliotheken, die gleichermaßen als Schatzkammern wie als Produktionsstätten des Wissens zu sehen sind. Neben liturgischen Gebrauchstexten, wie beispielsweise Brevarien (Gebetbücher), wurden in den Schreibstuben die Lehren der Kirchenväter vervielfältigt und somit einer ständig größer werdenden (geistlichen) Leserschaft zugänglich gemacht. Aber auch die Werke antiker Autoren oder jene von Staatstheoretikern, Musikern, Naturwissenschaftlern usw. fanden – wenngleich oft nicht vollständig – den Weg in die Skriptorien und von dort in die Bibliotheksregale.

Oberösterreichs mittelalterlicher Regularklerus beschränkte sich aber nicht nur auf das Kopieren der Werke anderer, sondern verfasste durchaus auch eigenständige Werke. Oft handelt es sich hierbei um hausspezifische Themen, wie beispielsweise die Vita Adalberonis, die eine Gründungs- bzw. Gründergeschichte des frühen 13. Jahrhunderts aus dem Kloster Lambach darstellt. Die Vita Bertholdi, im Kloster Garsten verfasst, stellt wiederum die Lebensbeschreibung des hochverdienten Garstner Abtes Berthold (1111-1142) dar. Als eigenständige Werke, die oftmals durch prächtige Initialen und Bilder beeindrucken, sind auch die Urbarbücher der oberösterreichischen Klöster zu sehen.

Bibliotheken
Die Klöster waren stolz auf ihre Bibliotheken. Die Mönche und Nonnen entwickelten in den jeweiligen Schreib-, Mal- und Buchbinderwerkstätten individuelle Kennzeichen, mit deren Hilfe sich heute die mittelalterlichen Klosterbestände rekonstruieren und zuordnen lassen. So weiß man, dass das Kloster Kremsmünster um das Jahr 1000 bereits 60 Bücher in seinem Besitz hatte. Die Tatsache, dass Kremsmünster im 11. Jahrhundert allerdings noch immer über keine vollständige Bibel verfügte, legt eine damals noch rege mündliche Tradierung der biblischen Inhalte nahe. Die Herstellung eines Buches war enorm kostspielig und arbeitsintensiv, sodass man sich genau überlegen musste, was man für die Bibliothek wirklich benötigte. Das Fehlen einer vollständigen Abschrift des wichtigsten Buches der Christenheit in einem Kloster wirkt aber nach wie vor etwas befremdend. Um 1330 (nach einer Hochblüte der Schreibschulen in Kremsmünster, St. Florian und Lambach im 12. Jahrhundert) umfasste die Bibliothek von Kremsmünster bereits über 400 Werke. Nun verfügte man gleich über mehrere Bibeln, unter anderem auch über die berühmte Aich-Bibel aus dem frühen 14. Jahrhundert, die weit über die Grenzen des Landes bekannt ist. Eine erneute kulturelle Hochblüte, ausgelöst durch die Melker Reform ab 1418/1419, ließ die Buchbestände dieses Klosters während des 15. Jahrhunderts um das Doppelte ansteigen.

Nicht in allen Klöstern Oberösterreichs wurde mit der gleichen Intensität die Arbeit im Skriptorium betrieben. Die Klöster Kremsmünster, St. Florian und Lambach waren im mittelalterlichen Land ob der Enns im wahrsten Sinne des Wortes federführend und schufen vielfach auch Bücher für die Klöster in der näheren und ferneren Umgebung.

Klosterschulen
Eng mit der Bibliothek und dem Skriptorium war auch das Schulwesen verbunden. Bis ins 14. Jahrhundert galten im Ostalpenraum die Klöster als die dominierenden Bildungszentren. Der Begriff Klosterschule ist hier etwas irreführend, da die Weitergabe von Wissen eher von Person zu Person und nicht institutionell in regelrechten Schulen erfolgte. Gelehrt wurde, was gebraucht wurde. Die Mönche und Nonnen brachten ihrem klösterlichen Nachwuchs vor allem Lesen und Latein bei. Schreiben war dagegen nicht so wichtig, denn die Kandidaten für den geistlichen Stand mussten vor allem in der Lage sein bene legere et bene cantare, also gut lesen und gut singen zu können. Natürlich fand auch Religionsunterricht statt. Dieses Lehrangebot des Regularklerus wurde mitunter auch vom Adel, der Ministerialität und dem reichen Bürgertum wahrgenommen. Während die Vermittlung dieses Basiswissens noch mehr oder weniger allgemein zugänglich war, jedoch zumeist für Laien und den angehenden Klerus getrennt stattfand, war die höhere theologische Bildung allein den Novizinnen und Novizen vorbehalten.

Musik und Bildende Kunst
In jedem Fall erwähnenswert sind auch die beachtlichen Leistungen oberösterreichischer Klöster im Hinblick auf die Pflege der Musik. Aber auch im Bereich der Architektur, Malerei und Plastik sowie des Kunsthandwerks leisteten die Klöster Erstaunliches, wenngleich vielerorts durch Brände (z. B. Stift Reichersberg oder Wilhering), kriegerische Auseinandersetzungen, aber vor allem durch die Barockisierung so manches unwiederbringlich verloren ging.

> Mehr zur Musikpflege in den Klöstern Oberösterreichs

Autor: Christoph Stöttinger, 2009