Die Industrie

Zum wichtigsten Industrieland Österreichs wurde Oberösterreich in den 1970er Jahren. In der Hochkonjunktur der Jahre 1968 bis 1973 wurde der Grundstein dazu gelegt. Während in den übrigen Bundesländern die Krise bereits 1974 zu einem Beschäftigungsrückgang von 2 Prozent führte, stieg in Oberösterreich die Beschäftigtenzahl noch um ein Prozent. 1976 war Oberösterreich Österreichs Industrieland Nummer eins. Oberösterreichs Anteil an der österreichischen Industrie, gemessen an der Beschäftigtenzahl, war von 18,5 Prozent im Jahr 1965 auf 21,6 Prozent zu Ende 1976 angestiegen und lag damit nur noch hinter Wien (23,4 Prozent). Gemessen an der Wertschöpfung allerdings lag Oberösterreich bereits vorn.

Unternehmerische Innovatoren gründeten Weltfirmen: Plasser & Theurer etwa hatten in einer kleinen Werkstatt in Linz mit der Erzeugung von Bahnbaumaschinen begonnen und stiegen von der Lieferung der ersten Gleisstopfmaschine im Jahr 1953 zum Weltmarktführer bei Bahnbaumaschinen auf. Die Firma entwickelte sich zu einem der größten Exporteure Österreichs mit etwa 0,7 Prozent des österreichischen Exports und 98 Prozent Exportanteil bei der Produktion des Stammwerks. Inzwischen wird ein vollständiges Programm von Maschinen für alle Bereiche des Gleisbaus und der Gleiserhaltung angeboten.

Auch die Textilmaschinenfirma Fehrer wurde zu einem global vernetzten Unternehmen. Basierend auf über 700 in- und ausländischen Dr.-Ernst-Fehrer-Patenten werden über 99 Prozent der Produktion in über 80 Länder exportiert. 1953 wurde die erste vollautomatische Spinn- und Krausmaschine der Welt auf den Markt gebracht, 1965 die leistungsfähigste Nadelfilzmaschine der Welt, 1977 die Friktionsspinnmaschine System DREF und 1989 schließlich gelang die Realisierung der DREF-Ring-Spinnmaschine.

Der Aufstieg des Feuerwehrgerätehersteller K. Rosenbauer, der Rotax Werke AG Gunskirchen, des Landmaschinenerzeugers Pöttinger, des Spritzgussmaschinenherstellers Engel in Schwertberg wären ebenfalls hier anzuführen.

Die L. Engel KG/Schwertberg, ein 1944 aus Belgrad nach Oberösterreich verlagerter Maschinenbaubetrieb, konnte mit dem weitblickenden und frühzeitigen Einstieg in die Erzeugung von Spritzgussmaschinen für thermoplastische Massen einen steilen Erfolgskurs verzeichnen. 1956 war aus dem zu Kriegsende praktisch ohne Maschinen dastehenden Betrieb ein zur Serienfertigung übergegangenes Industrieunternehmen geworden, das weltweit zu agieren begann. In den 1980er Jahren wurde bei den Beschäftigten die Tausendermarke überschritten.

Auch die Rotax GmbH gehört zu den Unternehmen, die während des Krieges nach Oberösterreich – Ende 1943 aus Schweinfurt – verlagert worden, damals zum Fichtel- und Sachs-Konzern gehörig. Bereits 1945 wurde die Erzeugung von Benzinmotoren wieder aufgenommen und ab 1950 mit der Fertigung von Fahrzeugmotoren für Kleinkrafträder, insbesondere dem „Lohner-Motorroller“, begonnen. Nach Beendigung der öffentlichen Verwaltung 1959 reprivatisiert, wurden das Werk zu 72 Prozent von den Wiener Lohnerwerken übernommen, der Rest als Volksaktien verkauft. 1970 wurde der damals führende Zweitaktmotorenhersteller der Welt von seinem größten Kunden, der Bombardier Ltd. Kanada, übernommen.

Die oberösterreichische Industrie wuchs stärker als die gesamtösterreichische. Der Anteil Oberösterreichs bei den Industriebeschäftigten stieg von 16,5 Prozent im Jahr 1955 auf 17,9 Prozent im Jahr 1964. Oberösterreich war bereits in den 1960er Jahren Österreichs Exportland Nummer eins. 1964 erzielte Oberösterreich 26,4 Prozent der Exporte Österreichs. 1956 waren es 23,4 Prozent gewesen.

Autor: Roman Sandgruber, 2005